Wenn das zuständige Land für die Sozialversicherung Deutschland ist und im Rahmen einer Mehrfachtätigkeit eine Anstellung (Beschäftigung) im Ausland ausgeübt wird, muss der ausländische Arbeitsvertrag nach den deutschen Vorschriften für die Sozialversicherung beurteilt werden.
Eine Schauspielerin lebt in Deutschland und arbeitet dauerhaft in Deutschland und in Österreich als Angestellte bei verschiedenen Theatern. Ihre Arbeitstätigkeit in ihrem Wohnsitzstaat (Deutschland) liegt bei mindestens 25 %. Sie erhält eine A1-Bescheinigung im Rahmen einer Mehrfachbeschäftigung in mehreren Staaten, die bescheinigt, dass Deutschland das zuständige Land für die Sozialversicherung ist. Dies hat zur Folge, dass der Arbeitgeber in Österreich österreichisch Beiträge an die deutschen Sozialversicherungsträger bezahlen muss, so als würde das Beschäftigungsverhältnis in Deutschland ausgeübt.
Ausländische Arbeitgebende ohne Firmensitz in Deutschland haben für diesen Fall zwei Optionen: Sie können entweder eine Betriebsnummer und eine Steuernummer in Deutschland beantragen und die Sozialversicherungsbeiträge an die zuständige Krankenkasse abführen oder die Verantwortlichkeit auf die Arbeitnehmenden übertragen (auf der Basis von Artikel 21 Abs. 2 in der Verordnung VO (EG) 987/09).
Entscheiden sich die Arbeitgebenden für die erstgenannte Option, können die Beiträge entweder über ein Gehaltsabrechnungsprogramm, welches für den Datenaustausch mit deutschen Krankenkassen zugelassen ist (z. B. über einen in Deutschland ansässigen Steuerberater) oder über das SV-Meldeportal gemeldet werden.
Wenn die letztgenannte Variante gewählt wird, müssen die Arbeitnehmenden die Beiträge selbst abführen. Die Arbeitgebenden müssen den Arbeitnehmenden in diesem Fall neben dem Netto-Gehalt auch die abzuführenden Sozialversicherungsbeiträge (Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-Anteile) überweisen.
Darüber sollte eine Vereinbarung abgeschlossen werden:
Dabei ist es wichtig zu beachten, dass die Krankenkasse die einzige Einzugsstelle ist, an die der Gesamtsozialversicherungsbeitrag (Kranken-, Pflege, Arbeitslosen- und Rentenversicherungsbeiträge) gezahlt werden muss. Es müssen also keine separaten Zahlungen an die Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung etc. getätigt werden.
Für die Berechnung der Beiträge stellt zum Beispiel die Techniker Krankenkasse einen Gehaltsrechner zur Verfügung. Um Säumniszuschläge zu vermeiden, müssen die Beiträge rechtzeitig gezahlt werden. Für das Jahr 2025 hat die Techniker Krankenkasse die Fälligkeitstermine hier zusammengestellt.
Weitere Informationen:
Das Informationsportal Arbeitgeber Sozialversicherung informiert zu Fragen rund im das Melde- und Beitragsrecht in der Sozialversicherung (u. a. Steckbrief Meldungen bei den Trägern der Sozialversicherung).
Deutsche Rentenversicherung – Lexikon: Einzugsstelle
Techniker Krankenkasse - Sozialversicherung: Kein Firmensitz in Deutschland? So melden Sie Mitarbeitende korrekt an
Es ist wichtig, zu unterscheiden, dass die Einkommensbesteuerung nicht den gleichen Regeln wie die Sozialversicherung folgt. Nach den meisten Doppelbesteuerungsabkommen erfolgt die Besteuerung des Arbeitslohns in dem Staat, in dem die Tätigkeit tatsächlich ausgeübt wird. Es kann also sein, dass die Zuständigkeit für die Besteuerung und die Sozialversicherung in zwei unterschiedlichen Staaten liegt. Es gibt besondere Steuerregeln für Grenzgänger:innen.
Wenn das Sozialversicherungsrecht eines anderen Landes angewendet werden muss, müssen die Arbeitgebenden mit Sitz in Deutschland die Sozialversicherungsbeiträge in dem anderen Staat anmelden und abführen.
Auf der Basis von Artikel 21 Abs. 2 der Verordnung VO (EG) 987/09 kann diese Pflicht auch auf die Beschäftigten übertragen werden, die die Beiträge im anderen Staat selbst anmelden und abführen, wenn die Arbeitgebenden mit Sitz in Deutschland keinen Firmensitz im anderen Land haben. Dabei ist es wichtig, vertraglich zu regeln, dass die Arbeitgebenden die Kostenübernahme der anfallenden Sozialversicherungsbeiträge zusichern.
Es ist wichtig zu unterscheiden, dass die Einkommensbesteuerung nicht den gleichen Regeln wie die Sozialversicherung folgt. Nach den meisten Doppelbesteuerungsabkommen erfolgt die Besteuerung des Arbeitslohns in dem Staat, in dem die Tätigkeit tatsächlich ausgeübt wird. Es kann also sein, dass die Zuständigkeit für die Besteuerung und die Sozialversicherung in zwei unterschiedlichen Staaten liegt. Es gibt besondere Steuerregeln für Grenzgänger:innen.
Schweiz
Wenn die Schweiz das zuständige Land für die Sozialversicherung ist, wird dies als Prozedere für “Arbeitnehmende ohne beitragspflichtigen Arbeitgeber” (abgekürzt ANobAG) bezeichnet.
Eine in der Schweiz lebende selbständig tätige Performerin entsendet sich selbst für eine ähnliche Tätigkeit (Gastspiel bei einem Stadttheater), die sie vorübergehend in Deutschland als Angestellte ausübt. Sie beantragt und erhält in der Schweiz die Bescheinigung A1, welche regelt, dass die Schweiz das zuständige Land für die Sozialversicherung ist. Eigentlich müsste das Stadttheater somit nach dem Schweizer Sozialversicherungsrecht Schweizer Beiträge an die Sozialversicherungsträger in der Schweiz anmelden und bezahlen. Da das Stadttheater keinen Firmensitz in der Schweiz hat, kann es die Beitragspflichten auf die Performerin übertragen. Die Performerin kann als Arbeitnehmende ohne beitragspflichtigen Arbeitgeber die Beitragspflichten selbst übernehmen. Davon unberührt bleiben die Pflichtbeiträge für die Versorgungsanstalt der deutschen Bühnen (Bühnenversorgung), die das Stadttheater entrichten muss.
Die kantonalen Ausgleichskassen haben dafür weitere Informationen (hier beispielhaft für einige Kantone aufgeführt) bereitgestellt:
Andere Länder
Für das Prozedere in anderen Ländern wird empfohlen, die Mobility Information Points im jeweiligen Land zu kontaktieren.
Einige Länder und Regionen haben spezielle Behörden und Kontaktstellen eingerichtet:
Dänemark (Region Sønderjylland - Schleswig): Deutscher Arbeitgeber – Sozialversicherung in Dänemark
Österreichische Gesundheitskasse: Informationen für Dienstgeberinnen und Dienstgeber ohne Niederlassung in Österreich
Frankreich: URSAFF – Informationen für Arbeitgeber*innen ohne Niederlassung in Frankreich,Registrierung des Unternehmens,Arbeiten im Ausland
Es ist zu beachten, dass die SFE (Services Firmes Etrangères, Service für ausländische Firmen) dem ausländischen Unternehmen eine Siret-Nummer zuweist, mit der der Arbeitgeber die DSN (Déclaration Sociale Nominative, namentliche Sozialversicherungsmeldung) einreichen oder (in bestimmten Fällen) das Vereinfachungsverfahren „Titre firmes étrangères” (TFE, Titel für ausländische Unternehmen, weitere Informationen) nutzen kann. Dieser Service vereinfacht die Formalitäten im Zusammenhang mit der Beschäftigung von Arbeitnehmern, indem die Meldung und Zahlung der obligatorischen Sozialversicherungsbeiträge in einem einzigen Schritt erfolgen.
Es muss zudem beachtet werden, dass gemäß der französischen Gesetzgebung Artikel L. 7121-3 des Arbeitsgesetzbuches eine Vermutung der Arbeitnehmerstellung für Künstler:innen vorsieht, unabhängig von der Staatsangehörigkeit des/der Künstler:in, der Art der Darbietung (live oder aufgezeichnet) und der rechtlichen Qualifizierung durch die Vertragsparteien. Diese Vermutung gilt jedoch nicht mehr für Künstler:innen, die als Dienstleister anerkannt sind und in einem EU-/EWR-Mitgliedstaat ansässig sind, wo sie üblicherweise ähnliche Dienstleistungen erbringen. Um von dieser „Nichtvermutung” profitieren zu können, muss sichergestellt sein, dass der/die Künstler:in im Niederlassungsland tatsächlich den Status eines/r „Selbständigen” hat (Registrierung als Künstler:in, Angabe einer internationalen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer usw.). Jede Vergütung, die einer natürlichen Person als Gegenleistung für eine Arbeit gezahlt wird, unterliegt der Zahlung von Sozialabgaben. Dieser in Artikel L.7121-3 des Arbeitsgesetzbuchs festgelegte Grundsatz besagt, dass jede Person, die eine/n darstellende/n Künstler:in gegen Entgelt beschäftigt, als Arbeitgeber dieses/r Künstler:in gilt. In dieser Eigenschaft muss sie ihm ein Gehalt zahlen und die mit diesem Gehalt verbundenen Sozialabgaben entrichten.
Obwohl durch die A1-Bescheinigung bestätigt wird, dass das ausländische Sozialversicherungsrecht angewendet werden muss, können dennoch Pflichtbeiträge in die Bühnenversorgung (bei einer Anstellung in Deutschland) sowie die Künstlersozialabgabe (bei der Beauftragung von selbständigen Künstlern und Kreativen, deren künstlerische Leistung in Deutschland genutzt wird) anfallen.
Der Hintergrund ist, dass die Beiträge beziehungsweise die Abgabe rechtlich keine Sozialversicherungsbeiträge darstellen.
Mehr Informationen dazu hier:
Künstlersozialabgabe, Informationen der Künstlersozialkasse (Punkt 4, Keine verbindliche Wirkung der A1-Bescheinigung)