Aufenthalt nach § 21 Absatz 5 AufenthG

Gibt es ein „Künstlervisum“ in Deutschland?

Vielleicht hast Du in Online-Foren oder in den sozialen Medien gehört, dass es in Deutschland ein „(Freelancer) Künstlervisum“ gibt oder dass nur in Berlin ein „Künstlervisum“ beantragt werden kann.

Dieser Text soll klarstellen, dass es kein „Künstlervisum“ gibt. Es gibt jedoch eine Reihe anderer Visums- und Einwanderungsmöglichkeiten für Künstler:innen aus Nicht-EU-Ländern, die langfristig nach Deutschland kommen möchten. Diese werden hier vorgestellt.   

Wo liegt das Problem – ist es nur eine Frage der Terminologie?   

In den meisten Fällen ist „Künstlervisum“ ein umgangssprachlicher Begriff für ein nationales Visum oder eine Aufenthaltserlaubnis, die für eine bestimmte, als „freiberuflich“ eingestufte selbstständige Tätigkeit gemäß § 21 Absatz 5 des deutschen Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) erteilt wird. Die Verwendung des Begriffs „Künstlervisum“ als Synonym für „Freiberuflervisum“ schafft mehrere Probleme. Erstens kann der Begriff „Künstlervisum“ für jemanden, der keine tieferen Kenntnisse des deutschen Einwanderungssystems hat, den Eindruck erwecken, dass damit jede Art von künstlerischer Arbeit erlaubt ist oder dass die/der Inhaber:in aufgrund eines angenommenen „Künstlerstatus“ uneingeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt in Deutschland hat. Leider sind beide Annahmen nicht zutreffend: Das Freiberufler-Visum ist sehr restriktiv, was die erlaubten Tätigkeiten angeht – wie weiter unten ausführlich beschrieben wird. Auch einen „Künstlerstatus“ gibt es nach deutschem Recht nicht.  

Wo kommt der Mythos her?

Das deutsche Aufenthaltsrecht wird zwar auf nationaler Ebene angewandt, das Verfahren ist jedoch dezentralisiert: Die Entscheidungen werden von der örtlichen Ausländerbehörde des (künftigen) Wohnsitzes der Antragsteller:in getroffen. Die örtlichen Sachbearbeiter:innen haben das letzte Wort bei der Erteilung von nationalen Visa und Aufenthaltsgenehmigungen. Die Kommunen und Länder können Richtlinien herausgeben, wie die Sachbearbeiter:innen das nationale Einwanderungsrecht auslegen sollen, wenn das nationale Recht eine gewisse Flexibilität bietet – dies ist insbesondere bei Visa und Aufenthaltserlaubnissen für freiberufliche/selbstständige Tätigkeiten der Fall.
Zwei Landesregierungen, die von Berlin und Hamburg, haben beschlossen, Leitlinien und Verfahrenshinweise für die Sachbearbeiter:innen ihrer örtlichen Ausländerbehörden zu veröffentlichen, um die Aufenthaltserlaubnis für eine freiberufliche Tätigkeit auf eine „künstlerfreundliche“ Weise auszulegen. In der Praxis bedeutet dies, dass die Sachbearbeiter:innen während des Termins eine positive Entscheidung treffen können – auch bei Antragsstellenden, die am Anfang ihrer Karriere stehen, keinen beeindruckenden Lebenslauf vorweisen können oder nicht über große Ersparnisse verfügen. In Berlin und Hamburg ist es üblich, dass Aufenthaltserlaubnisse für freiberufliche künstlerische Arbeit für zwei oder drei Jahre ausgestellt werden – die Landesregierungen wollen aktiv, dass freiberufliche Künstler:innen dorthin umziehen und sich ein paar Jahre lang „ausprobieren“. In beiden Städten gewähren wohlmeinende Beamt:innen manchmal sogar die weit gefasste freiberufliche Tätigkeit „Künstler:in“, die eine ganze Reihe von selbstständigen künstlerischen Tätigkeiten zulässt. Aber das ist nicht die Regel: Selbst in Berlin und Hamburg erlauben andere Sachbearbeiter:innen nur eine sehr viel spezifischere Tätigkeit (wie „Tänzerin“ oder „Installationskünstler“), basierend auf den Beschreibungen der freiberuflichen Tätigkeiten in den Verträgen und Absichtserklärungen.
In anderen Kommunen oder Städten sind die Sachbearbeiter:innen strenger: Sie können einen Dritten (z. B. einen Künstlerverband oder die Industrie- und Handelskammer) bitten, den Antrag zu bewerten, um zu prüfen, ob die Antragsstellenden in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt allein durch eine freiberufliche künstlerische Tätigkeit zu bestreiten. Das Verfahren kann sehr viel länger dauern.
Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die von den örtlichen Ausländerbehörden in Berlin und Hamburg ausgestellten Aufenthaltstitel keine andere Rechtsgrundlage haben: Es handelt sich um reguläre Aufenthaltstitel, die nach § 21 Absatz 5 AufenthG für eine bestimmte freiberufliche Tätigkeit ausgestellt werden und auf diese beschränkt sind, also um dieselbe Art von Aufenthaltstitel, die von jeder anderen Ausländerbehörde in Deutschland ausgestellt wird, mit allen damit verbundenen Problemen (s. unten).

Ein Schritt zurück: Visum oder Aufenthaltserlaubnis?

Der englische Begriff „visa“ ist ein Oberbegriff für Einwanderungsdokumente, die in englischsprachigen Ländern verwendet werden. In Deutschland – und in den meisten anderen kontinentaleuropäischen Ländern – gibt es einen wichtigen Unterschied zwischen dem Begriff „Visum“ und dem Begriff „Aufenthaltserlaubnis“.
In Deutschland wird der Begriff „Visum“ nur für ein Einreisedokument verwendet, das von einer deutschen Botschaft oder einem Konsulat außerhalb Deutschlands ausgestellt wird. Ein Visum wird in der Regel in Form eines Aufklebers erteilt, der auf einer Seite des Reisepasses als Klebeetikett angebracht wird. Der Begriff „Aufenthaltserlaubnis“ wird für ein Einreisedokument verwendet, das von einer örtlichen Ausländerbehörde innerhalb Deutschlands ausgestellt wird. Eine Aufenthaltserlaubnis wird in Form einer Plastikkarte ausgestellt. Wenn ein Antrag auf eine Aufenthaltserlaubnis genehmigt wurde, kann es bis zu acht Wochen dauern, bis die Karte bestellt, gedruckt und geliefert wird. Im Englischen verwenden viele Menschen den Begriff „visa“, wenn sie eine Aufenthaltserlaubnis meinen. Dies kann verwirrend sein, da die Unterscheidung zwischen einem Visum und einer Aufenthaltserlaubnis wichtig ist, um das zweistufige Verfahren bei der Einreise nach Deutschland zu verstehen: Staatsangehörige der meisten Länder müssen zunächst ein nationales Visum (Typ D) bei der deutschen Botschaft oder dem Konsulat in ihrem Heimat- oder Wohnsitzland beantragen und dann das nationale Visum in eine Aufenthaltserlaubnis umwandeln, nachdem sie nach Deutschland umgezogen sind. Dies gilt auch für Visa für Freiberufler:innen.

Nur wenige privilegierte Staatsangehörige können das „Visumverfahren” überspringen und nach einer visumfreien Einreise direkt eine Aufenthaltserlaubnis bei einer örtlichen Ausländerbehörde beantragen (diese privilegierten Länder sind Australien, Neuseeland, Japan, Südkorea, Israel, das Vereinigte Königreich, Kanada und die USA; Sonderregeln gelten für Brasilien und die Ukraine). Die Erfolgsgeschichten im Internet über privilegierte Staatsangehörige, die ihr „Künstlervisum“ nach einem Termin in Berlin erhalten, verschleiern die Tatsache, dass das Verfahren für die meisten anderen nicht privilegierten Staatsangehörigen viel länger ist und außerdem zuerst ein nationales Visum beantragt werden muss – selbst, wenn sie aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit für kurze Aufenthalte visumfrei nach Deutschland und in den Schengen-Raum einreisen können (wie z. B. Staatsangehörige aus vielen lateinamerikanischen Ländern). Durch die Verwendung des Begriffs „Visum“ anstelle des Begriffs „Aufenthaltserlaubnis“ besteht die Gefahr, dass nicht privilegierte Staatsangehörige zu der Annahme verleitet werden, dass sie nach der Einreise ohne Visum einen Antrag stellen können.

Wie das deutsche Einwanderungssystem funktioniert

Im Gegensatz zu anderen Ländern (wie z. B. dem Global Talent Visa des Vereinigten Königreichs oder dem Passeport Talent in Frankreich) gibt es im deutschen Aufenthaltsrecht keine spezielle Art von Visum oder Aufenthaltserlaubnis für Künstler:innen, die ihnen einen flexiblen Zugang zu verschiedenen Arbeitstätigkeiten ermöglicht.
Stattdessen basiert das deutsche Einwanderungssystem auf der Logik, dass jemand, der primär nach Deutschland kommt, um hier zu arbeiten, nur begrenzten Zugang zum Arbeitsmarkt hat. In den ersten Jahren nach der Ankunft ist die Arbeit entweder auf die Anstellung bei einem in der Aufenthaltserlaubnis genannten Arbeitgeber oder auf eine bestimmte selbstständige/freiberufliche Tätigkeit beschränkt.
Nur einige Arten von Visa/Erlaubnissen erlauben einen uneingeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt, wie z. B. Familien-/Ehegattenzusammenführung, humanitäre Gründe und einige Working Holiday und Youth Mobility Visa (s. unten).
In Deutschland gibt es nur zwei Arbeitsstatusse: Beschäftigung (Anstellung) und Selbstständigkeit. „Freiberufliche Tätigkeit“ ist eine besondere Form der Selbstständigkeit. Künstler:innen, die nach Deutschland kommen, um in ihrem Feld beruflich tätig zu werden, müssen prüfen, in welcher dieser Kategorien sie tätig sein werden/wollen.

Sind Künstler:innen angestellt/beschäftigt, richtet sich ihr Visum/ihre Aufenthaltserlaubnis nach den Regelungen für qualifizierte Arbeit/Beschäftigung (§ 18b AufenthG), hoch bezahlte Beschäftigung (Blaue Karte EU, § 18g AufenthG) oder für bestimmte Staatsangehörige bzw. bestimmte Arten künstlerischer Beschäftigung (§ 19c AufenthG). Dieses Visum/diese Aufenthaltserlaubnis ist auf den Arbeitsvertrag (Arbeitgebenden) beschränkt. Nebentätigkeiten (andere Arbeitsverträge, selbstständige/freiberufliche Tätigkeit) sind nicht erlaubt.
Wenn Künstler:innen beabsichtigen, selbstständig/freiberuflich tätig zu werden, gelten die Regelungen für die gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit (§ 21 Abs. 1 und 5 AufenthG).

Was bedeutet dann “Freelancing” im deutschen Kontext?

Der englischsprachige Begriff „Freelancer/Freelancing“, der auch in Deutschland viel verwendet wird, hat in Deutschland andere Konnotationen. Wichtig ist, dass es sich nicht um einen Rechtsbegriff handelt. In den anglophonen Ländern und in der Umgangssprache wird „Freelancing“ als soziologisches Konzept verstanden: Es versucht, eine bestimmte Art von Karriere zu beschreiben, die auf einer gewissen Unabhängigkeit und verschiedenen Arbeitsformen basiert und auch ein gewisses Maß an Beschäftigung/Anstellung (z. B. einen Teilzeitjob) beinhalten kann.
In Deutschland wird der englische Begriff „Freelancing“ meist als ungenaue und irreführende Übersetzung (gewissermaßen ein „falscher Freund“) eines hier existierenden Rechtsbegriffs verwendet: „freiberuflich“, eine der beiden Unterkategorien der Selbstständigkeit. Der Begriff „freiberuflich“ umfasst nur bestimmte selbstständige Tätigkeiten, die als „Freie Berufe“ eingestuft werden. Dies sind die sogenannten Katalogberufe (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG, hier aufgeführt) und ähnliche Berufe. Zu ihnen gehören die meisten künstlerischen selbstständigen Tätigkeiten, die sich auf das Schaffen und die Darbietung in einem künstlerischen Kontext beziehen, sowie die meisten künstlerischen Lehrtätigkeiten. Im Gegensatz zur englischen und umgangssprachlichen Verwendung des Begriffs bedeutet „Freiberufler“ in Deutschland nur die selbstständige Tätigkeit.

Die Aufenthaltserlaubnis für freiberufliche Tätigkeiten erlaubt keine gewerblichen Tätigkeiten

Nach deutschem Recht sind alle selbstständigen Tätigkeiten, die nicht zu den „freien Berufen“ zählen, ein „Gewerbe“. Im Kunst- und Kultursektor sind dies vor allem Aktivitäten mit Schwerpunkt auf Vermittlungs- und Verwaltungstätigkeiten sowie die Gründung von festen Einrichtungen für den direkten Verkauf von Kunstwerken. Beispiele hierfür sind die Arbeit als Manager:in oder Agent:in, als Producer:in oder Veranstalter:in oder die Gründung eines Plattenlabels, einer Kunstgalerie oder eines Vertriebsunternehmens. Künstler:innen mit einem Visum/einer Aufenthaltserlaubnis für eine freiberufliche Tätigkeit müssen sich darüber im Klaren sein, dass diese Tätigkeiten nicht als „freiberuflich“ gelten und nicht zulässig sind.

Die Aufenthaltserlaubnis für freiberufliche Tätigkeiten kann für Künstler:innen problematisch sein, die ihr Geld in erster Linie durch einkommensteuerfreie Stipendien und öffentlicher Förderung verdienen

In einigen Fällen kann die Ausländerbehörde Anträge auf die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ablehnen, wenn die Inhaber:in nicht als Selbstständige/r „gearbeitet“ hat, sondern hauptsächlich Geld durch (oft steuerfreie) Kunstförderungen und Stipendien (für künstlerische Forschung usw.) verdient hat. Für die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis muss nachgewiesen werden, dass sie „genutzt“ wurde, d. h. dass Künstler:innen nachweisen können, dass sie ihre Arbeit oder Dienstleistungen verkauft und in Rechnung gestellt haben. Eigene Leistungen, die im Finanzierungsplan von Projektförderungen enthalten sind, werden hingegen in der Regel als selbstständige Tätigkeiten anerkannt.

Die Aufenthaltserlaubnis für freiberufliche Tätigkeiten erlaubt keine hybride Erwerbstätigkeit

Das Hauptproblem für Inhaber:innen eines Visums/einer Aufenthaltserlaubnis für freiberufliche Tätigkeiten besteht darin, dass sie fälschlicherweise glauben, dass aufgrund des soziologischen Verständnisses des Begriffs „Freelancing“ alle Arten von Verträgen zulässig sind, während der Aufenthaltstitel nur Arbeitstätigkeiten zulässt, die die Anforderungen einer echten Selbstständigkeit erfüllen.
In Deutschland sind viele Künstler:innen auf eine Mischform angewiesen, bei der Einkünfte aus selbstständiger/freiberuflicher Tätigkeit und Einkünfte aus (Teilzeit-)Arbeitsverträgen kombiniert werden. Dieses Arrangement ist mit einem Visum/einer Aufenthaltserlaubnis für freiberufliche Tätigkeiten jedoch nicht möglich, da es nur eine Arbeit in einem Arbeitsstatus (Selbstständigkeit) erlaubt.
Dies ist besonders wichtig für darstellende Künstler:innen, die Angebote von Theatern, Kompanien oder (Film-/TV-)Produktionsfirmen bekommen (oft mit kurzfristigen Verträgen). Nach deutschem Sozial- und Arbeitsrecht ist der Arbeitsstatus (Arbeitnehmer:in oder Selbstständige:r) nicht frei wählbar, sondern muss das tatsächliche Arbeitsverhältnis zwischen den Vertragspartnern widerspiegeln. Wenn eine Person eine Tätigkeit mit einem hohen Maß an Weisungsgebundenheit und Einbindung in die Unternehmensstruktur des Vertragspartners verrichtet, muss sie als Arbeitnehmer:in behandelt werden. Der „Abgrenzungskatalog“ der Deutschen Rentenversicherung dient als Leitfaden für darbietende Künstler:innen und verschafft einige Klarheit über die Anstellungspflicht in bestimmten Arbeitssituationen.

Es kann eine grobe Unterscheidung gemacht werden zwischen der so genannten freien Szene, die sich durch das Fehlen von Hierarchien zwischen Künstler:innen und ihren Auftraggeber:innen, durch kollektive Arbeit und unternehmerisches Risiko auszeichnet, und den eher hierarchischen Arbeitsbedingungen für Orchestermusiker:innen, Ensemblemitgliedern von staatlich finanzierten Theatern, Tanz- und Musikkompanien sowie für Personen, die im Kontext von Fernseh- und Filmproduktionen arbeiten. Während erstere meist als Selbstständige (echte „Freiberufler:innen“) gelten, sind letztere gesetzlich verpflichtet, angestellt zu sein. Die Beschäftigungspflicht hat nichts mit der Dauer des Vertrags oder der Zahl der Arbeitsstunden zu tun: Die wichtigsten Kriterien für die Feststellung der Beschäftigungspflicht sind die Weisungsgebundenheit und der Grad der Eingliederung in die Unternehmensstruktur des Vertragspartners.

Jegliche Beschäftigung, die mit einer Weisungsgebundenheit verbunden ist (selbst für einen sehr kurzen Zeitraum wie einige Stunden, Tage oder Wochen), ist nicht erlaubt und bedarf der ausdrücklichen Genehmigung der Ausländerbehörde. Darstellende Künstler:innen mit einem Visum/einer Aufenthaltserlaubnis für eine freiberufliche Tätigkeit dürfen daher in der Regel nur in der freien Szene arbeiten oder in Kontexten, wo sie selbst die Rahmenbedingungen ihres Arbeitens bestimmen.

Eine Tänzerin hat ein Visum/eine Aufenthaltserlaubnis für eine freiberufliche Tätigkeit nach § 21 Absatz 5 AufenthG, in dem als erlaubte Tätigkeit „Tänzerin“ angegeben ist. Die Tänzerin erhält das Angebot, für eine Woche als Tänzerin in einer Musicalproduktion aufzutreten. Da Tänzer:innen in Musicalproduktionen in den meisten Fällen sozialversicherungspflichtig angestellt sind, benötigt die Tänzerin vor Vertragsbeginn die Erlaubnis der Ausländerbehörde. Aufgrund der langsamen Reaktionszeiten der Einwanderungsbehörde kann die Genehmigung zu spät kommen. Selbst wenn die Genehmigung erteilt wird, muss die Tänzerin sicherstellen, dass die selbstständige/freiberufliche Tätigkeit ihre Haupteinnahmequelle bleibt, da dies die Grundlage/der Zweck ihrer Aufenthaltserlaubnis ist.

Die Aufenthaltserlaubnis für freiberufliche Tätigkeiten erlaubt nur die Tätigkeiten, die in der Erlaubnis erwähnt sind

Einer der wichtigsten Aspekte des Visums/der Aufenthaltserlaubnis für freiberufliche Tätigkeiten ist, dass sie der/dem Künstler:in nur erlaubt, in einem bestimmten Bereich zu arbeiten/nur die bestimmte Tätigkeit auszuüben, die auf dem Visum/der Aufenthaltserlaubnis angegeben ist. Auf dem Visum/der Aufenthaltserlaubnis könnte zum Beispiel stehen: „Selbstständige Tätigkeit als Tänzerin erlaubt“. Dies bedeutet, dass die/der Inhaber:in nur als selbstständige/r Tänzer:in arbeiten darf. Sie darf nicht als selbständige/r Tanzlehrer:in, Musiker:in oder Übersetzer:in arbeiten. Auch die Arbeit als angestellte/r Tänzer:in wäre, wie oben beschrieben, nicht erlaubt. Wie in der Einleitung erwähnt, können die Sachbearbeiter:innen in einigen Städten großzügig sein und kein spezielles Feld auf der Aufenthaltserlaubnis angeben, sondern einfach „Künstler“ auf die Genehmigung schreiben. Dies ermöglicht ein breiteres Spektrum an freiberuflichen Tätigkeiten (als darstellende/r Künstler:in, bildende/r Künstler:in usw.).
Dies ist jedoch nicht die Regel – selbst Sachbearbeiter:innen in „künstlerfreundlichen“ Städten wie Berlin und Hamburg erlauben manchmal nur eine ganz bestimmte Tätigkeit. Häufig übernehmen die Sachbearbeiter:innen den Wortlaut aus den Absichtserklärungen und/oder Verträgen, die während des Antragsverfahrens eingereicht wurden. Wenn die Absichtserklärung eine sehr technische und spezifische Terminologie enthält (z. B. „Artificial Intelligence Installation Artist“), riskieren die Antragstellenden, dass die Sachbearbeiter:innen nur diese spezifische Tätigkeit erlauben. Es kann sinnvoll sein, im Antragsformular einen allgemeineren Begriff zu verwenden (z. B. „Grafikdesigner:in“ oder „Musiker:in“), der bestimmte Nebentätigkeiten zulässt, und sicherzustellen, dass in den Absichtserklärungen und Verträgen durchgängig dieselben Begriffe verwendet werden. Es ist möglich, mehr als eine Tätigkeit zu beantragen, aber es wird empfohlen, mindestens zwei Absichtserklärungen pro Tätigkeit vorzulegen, um zu beweisen, dass es eine Nachfrage nach der Dienstleistung oder Tätigkeit gibt.

Wie finde ich heraus, welchen Zugang zum Arbeitsmarkt ich habe?

Der Zugang zum Arbeitsmarkt ist in den Nebenbestimmungen definiert. Die Nebenbestimmungen findet man in dem grünen Papier-Dokument „Zusatzblatt zum Aufenthaltstitel zur Aufenthaltskarte zur Aufenthaltserlaubnis”, welches zusammen mit dem elektronischen Aufenthaltstitel (eAT) ausgegeben wird. In diesem Dokument finden sich die Nebenbestimmungen auf Seite 5. Personen, die (noch) keinen eAT und auch kein Zusatzblatt bekommen haben, finden die Nebenbestimmungen auf dem Klebevisum notiert.

Mit den Restriktionen umgehen

In den ersten Jahren ist für die Ausübung einer nicht erlaubten Nebentätigkeit eine vorherige Zustimmung der Ausländerbehörde erforderlich, wobei das Zustimmungsverfahren bei kurzfristigen Arbeitsangeboten und Engagements oft zu lange dauern kann. Etwas einfacher kann es sein, eine auf einen bestimmten Arbeitsvertrag beschränkte Aufenthaltserlaubnis um eine nebenberufliche Selbstständigkeit zu ergänzen (§ 21 Absatz 6 AufenthG), da nicht jeder Honorar- oder Werkvertrag einzeln genehmigt werden muss. Stattdessen kann die Ausländerbehörde eine bestimmte selbstständige Nebentätigkeit pauschal genehmigen.
In den ersten Jahren bedarf die Ausübung des anderen Arbeitsverhältnisses der vorherigen Genehmigung durch die Ausländerbehörde.
Die generelle Beschränkung für Nebentätigkeiten für Inhaber:innen einer Erlaubnis zur Ausübung einer freiberuflichen Tätigkeit kann auf der Grundlage von § 9 Absatz 1 BeschV nach drei Jahren Aufenthalt in Deutschland jedoch aufgehoben werden.
Die Ausländerbehörde aktualisiert dann die Nebenbestimmungen und erlaubt generell eine „Beschäftigung“, d. h. jede Art von Teilzeit-Anstellung (in jedem Bereich/Sektor, bei jede/r Arbeitgeber:in) ist dann ohne vorherige Genehmigung der Ausländerbehörde erlaubt. Die Berliner Ausländerbehörde (Landesamt für Einwanderung, LEA) verwendet manchmal eine noch umfassendere Formulierung und erlaubt die „Erwerbstätigkeit“ in den Nebenbestimmungen, was nicht nur eine Teilzeit-Anstellung, sondern auch andere selbständige Tätigkeiten im Nebenerwerb (in jedem Bereich, einschließlich freiberuflicher und gewerblicher Tätigkeiten) zulässt.
Es ist jedoch wichtig zu verstehen, dass die in der Aufenthaltserlaubnis aufgeführte freiberufliche Tätigkeit weiterhin die Grundlage für den Aufenthalt in Deutschland bleibt. Das bedeutet, dass die Haupttätigkeit und die Haupteinkommensquelle weiterhin die in der Genehmigung angegebene freiberufliche Tätigkeit sein muss. Wenn ein anderer Status oder eine andere Tätigkeit zum Hauptzweck des Aufenthalts wird, muss die Kategorie des Aufenthaltstitels entsprechend den Bedingungen des neuen Zwecks geändert werden.
Die Nebenbestimmungen werden häufig während des persönlichen Termins zur Erneuerung/Verlängerung eines Aufenthaltstitels nach drei Jahren aktualisiert. Wenn der Termin zur Verlängerung nach einem oder zwei Jahren war und der nächste Termin weit nach der dreijährigen Wartezeit liegt, kann man sich an die Ausländerbehörde wenden und eine aktualisierte Bescheinigung über den aktuellen Aufenthaltsstatus nach drei Jahren mit den aktualisierten Nebenbestimmungen beantragen.

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